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Warum wir fühlen, wie wir fühlen

Buchcover R. Davidson, Warum wir fühlen, wie wir fühlen
Mit welchem emotionalem Stil gehen wir durchs Leben? Laut dem Gehirnforscher Richard Davidson gibt es 6 Dimensionen anhander derer sich unser emotionale Stil klassifizieren lässt.
Buchcover R. Davidson, Warum wir fühlen, wie wir fühlen
Wie die Gehirnstruktur unsere Emotionen bestimmt und wie wir darauf Einfluss nehmen können.

Richard Davidson und Sharon Begley, 2. Auflage, Arkana München, 2012.

Richard Davidson ist einer der weltweit führenden Gehirnforscher. Seit Jahren beschäftigt er sich, unter anderem im Auftrag des Dalai Lama, mit dem Thema der Auswirkungen von Meditation auf das Gehirn. Sharon Begley ist Wissenschaftsjournalistin beim Wall Street Journal.

Richard Davidson erklärt in diesem wunderbar spannenden Buch auf sehr anschauliche Weise, warum jeder Mensch emotional unterschiedlich auf die Herausforderungen des Lebens reagiert. Er gibt Einblick in die Erkenntnisse der affektiven Neurowissenschaft. Es handelt sich dabei um ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das die neuronalen Mechanismen hinter den menschlichen Emotionen analysiert.

Mein emotionaler Stil

Laut Davidson verfügt jeder Mensch über einen individuellen emotionalen Stil. Im Gegensatz zum emotionalen Zustand, der nur wenige Sekunden dauert, oder zur Stimmung, die uns manchmal über Tage hinweg begleitet, lässt sich der emotionale Stil viel weiter fassen …

Der emotionale Stil hingegen bezeichnet eine konsequente Art und Weise, auf das Leben zu reagieren. Er wird von spezifischen exakt identifizierbaren neuronalen Netzen gesteuert und kann im Labor mithilfe objektiver Methoden ermittelt werden. Unterschiedliche emotionale Stile entscheiden darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Emotionen, Launen und Veranlagungen in uns zum Ausdruck kommen.

Es sind 6 Dimensionen anhand deren der emotionale Stil eines Menschen klassifiziert wird:

  1. Resilienz
  2. Grundeinstellung
  3. Soziale Intuition
  4. Selbstwahrnehmung
  5. Kontextsensibilität
  6. Aufmerksamkeit

Jede dieser sechs Dimensionen ist in unterschiedlicher Ausprägung in uns zu finden.

Wer oder Was entscheidet, wie wir mit Stress umgehen?

Laut Davidson haben wir, ähnlich wie unser Fingerabdruck, ein einzigartiges emotionales Profil. Dieses Profil bzw. dieser emotionale Stil entscheidet über Art und Weise sowie über Intensität und Dauer einer emotionalen Reaktion.

Um ein erstes Gespür für unseren emotionalen Stil zu bekommen, beginnen wir doch einfach uns selbst zu beobachten. Wie reagiere ich, wenn mir jemand die Vorfahrt nimmt? Wie und vor allem wie lange beschäftigt mich ein negatives Feedback? Wie gehe ich mit unerwarteten Herausforderungen um?

Laut Davidson sind es sechs Dimensionen, deren Ausprägungen uns Auskunft hinsichtlich unserer Reaktionsweisen liefern. Das aus meiner Sicht wirklich spannende ist, dass sich jede Dimension durch eine spezifische, nachweisbare neuronale Signatur (Aktivitätsmuster im Gehirn) nachweisen lässt.

Sind wir für immer emotional geprägt?

NEIN! Die Beschreibung des emotionalen Stils durch spezifische Aktivitätsmuster im Gehirn heißt NICHT, dass es sich dabei um eine unabänderliche neuronale Ausprägung handelt.

Unser Gehirn verfügt vielmehr über eine Eigenschaft, die in der Fachsprache »Neuroplastizität« bezeichnet wird: die Fähigkeit, sich im Hinblick auf Struktur und Funktion signifikant neu zu organisieren. Solche Veränderungen können sich als Reaktion auf Erfahrungen und Gedanken einstellen.

Auch wenn der emotionale Stil, beeinflusst durch unsere Gene und weiterentwickelt durch unsere Erfahrungen, meist über eine Zeit hinweg konstant bleibt, lässt er sich jederzeit durch neue Erfahrungen und bewusstes Training verändern.

Mithilfe geistiger Übungen von der Meditation bis hin zur kognitiven Verhaltenstherapie können wir unser Gehirn so beeinflussen, dass wir sensibler für zwischenmenschliche Signale ebenso wie für unsere eigenen Emotionen werden und zu einer insgesamt positiveren Grundeinstellung gelangen. Kurzum: Wir können durch Geistestraining nicht nur die Aktivitätsmuster, sondern sogar die Struktur unseres Gehirns dahingehend verändern, dass wir einen anderen emotionalen Stil entwickeln, mit dem es sich leichter leben lässt.

Meditation - mentales Training - Aufmerksamkeitstraining ....

… in welche Worte wir auch immer dieses „Üben“ kleiden, im Mittelpunkt steht immer der bewusste und achtsame Umgang mit uns selbst. Als Trainerin & Coach versuche ich meine Klient*innen dort abzuholen, wo sie gerade stehen. In einer verstandsbehafteten Welt, braucht es daher oft den Zugang über den Intellekt, um die Geist-Körper-Interaktion greifbar zu machen.

Dieses Buch reiht sich in eine lange Liste an interessanter Literatur ein, die den Zusammenhang von Neurowissenschaft, Mentaltraining, Meditation und emotionaler Steuerung anschaulich darstellt. Abgerundet wird der doch sehr breite wissenschaftliche Inhalt durch praktische Übungen am Ende des Buches.

Diese Buch gibt einen wirklich spannenden Einblick in die Macht und Formbarkeit unserer Emotionen. Für all jene, die etwas mehr über das Zusammenspiel von Emotion – Gehirn – Handlung – Wahrnehmung erfahren möchten, empfehle ich dieses Buch. Es hat mein neurowissenschaftliches Interesse nur noch vertieft und mein Tun geprägt.

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